Innovationsprozesse in Dorfläden, Coworking-Spaces, Kulturveranstaltungen, mobilen Bürgerbüros oder Heimatvereinen werden häufig allein hinsichtlich Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Wachstum bewertet. Gerade in ländlichen Räumen bleiben dadurch viele Potenziale ungenutzt. Dies verstellt den Blick auf die sozialen Veränderungen, die lokale Gemeinschaften anstoßen und ausprobieren. Es ist notwendig, ein Verständnis für soziale Innovationsprozesse in ländlichen Räumen zu entwickeln – denn für die Zukunftsfähigkeit von Regionen leisten sie wichtige Beiträge.
Soziale Innovationen haben in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt. Demnach haben sie großes Potenzial, um Ziele wie Daseinsvorsorge, Klimaschutz oder gesellschaftlichen Zusammenhalt zu erreichen. Gleichzeitig zeigt die Forschung, dass soziale Innovationen sehr vielfältig sein können. Damit sie gelingen, sind oftmals viele zusammenarbeitende Akteure nötig. Auch die Veränderungsimpulse, die mit ihnen verbunden sind, können in sehr unterschiedliche Richtungen gehen und haben nicht zwangsläufig „erwünschte“ Entwicklungen zur Folge. Anstatt soziale Innovation als Instrument zu verstehen, das immer konkrete Problemlagen adressiert und soziale Ziele erreicht, beginnen Forschende, soziale Innovation im Zusammenhang mit einem transformativen Wandel gesellschaftlicher Strukturen zu betrachten.
In dieser Sichtweise versteht man soziale Innovationen als Kombination unterschiedlicher Elemente (Ideen, Objekte, Aktivitäten), die soziale Beziehungen verändern können oder dazu beitragen, neue Praktiken zu entwickeln und zu stabilisieren. Damit bringen sie neue Wege des Denkens, Handelns oder des Organisierens mit sich (siehe Grafik 1).
Soziale Innovationen sind konstante Erneuerungsprozesse, die sich auf sehr unterschiedliche Weise verfestigen können. Sie können sich institutionell etablieren, indem sie bestehende Regeln, Normen oder Denkmuster verändern oder durchbrechen. Die sozialwissenschaftliche Forschung spricht hierbei von institutionellem Wandel.
Soziale Innovationen verfestigen sich aber auch räumlich, indem sie Orte schaffen, die Gemeinschaftlichkeit, Regionalentwicklung, Kunst und Kultur oder Bildung vorantreiben. In ländlichen Räumen gehen von diesen öffentlich zugänglichen Orten, die häufig als Dritte Orte oder soziale Orte bezeichnet werden, wichtige Impulse aus: etwa, indem sie soziale Beziehungen ausbilden und verstetigen. Untersuchungen zeigen, dass diese Orte eine entscheidende Rolle dafür spielen, wie sich Gesellschaften und Gemeinschaften entwickeln.
Forschende betrachten soziale Innovationen zunehmend innerhalb von vielfältigen Handlungszusammenhängen oder Beziehungsgeflechten und stellen fest: Soziale Innovationen können neue soziale Beziehungen und Praktiken stabilisieren. Lokal scheinen diese Verbindungen oftmals räumlich verankert zu sein – an Orten für Bildung, Kultur oder Begegnung. So entstehen „Multifunktionsorte“, die vielfältige Rollen für die Region erfüllen, alternative Angebote schaffen und Gemeinschaften stärken können.
Für die Analyse von sozialen Innovationen bedeutet dies vor allem, dass die Mehrdimensionalität und die Unterschiedlichkeit von sozialen Innovationsprozessen stärker berücksichtigt werden müssen.
Ziel dieser Handreichung:
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